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REZENSION: Allan Anderson, Spreading Fires. London: SCM Press, 2007.

von Claudia Währisch-Oblau

ISBN: 978-0-334-04032-3; 312 S.; GBP 22,99.

Allan Anderson hat ein hoch interessantes Buch geschrieben. Die Lektüre erinnert an das Poster für den Film „Die Truman Story“: Eine Ansammlung kleinster Fotos wirkt verwirrend, bis man einen Schritt zurück tritt und plötzlich das große Bild sieht, das sich aus den kleinen zusammensetzt. Anderson überwältigt die Leser gelegentlich mit einer Überfülle an Informationen, denn er versucht nicht weniger als einen globalen Überblick über die frühe Pfingstbewegung. Aber wie auf dem Poster erscheint auch hier ein größeres zusammenhängendes Bild.

Andersons Studie hat drei Teile: Die Eröffnungskapitel geben eine Einführung in den Stand der Forschung über die frühe Pfingstbewegung und einen Überblick über die Anfänge dieser Bewegung in den USA. Der Mittelteil verfolgt dann die Bewegungen der Missionarinnen (Anderson betont, wie viele Frauen unter ihnen waren) und Missionare von der Mukti Mission über die Azusa-Street-Erweckung bis nach China und Ostasien, Afrika und Lateinamerika. Der dritte Teil versucht eine systematische Analyse der evangelistischen Botschaft dieser Missionare, ihrer Haltung gegenüber anderen Religionen, Kulturen und der Politik, und ihren Vorstellungen von und ihrer Ausbildung für den Missionarsberuf. Ein kurzes Abschlusskapitel fasst noch einmal die Hauptthesen des Buchs zusammen: 1. Die Azusa-Street-Erweckung und die Mukti-Erweckung waren gleichermaßen bedeutsam für die frühe Verbreitung pentekostalen Gedankenguts über die ganze Welt; 2. (westliche) Missionsnetzwerke trugen entscheidend zur internationalen Verbreitung des Pentekostalismus bei; 3. Pentekostale Zeitschriften waren das Fundament einer pentekostalen Meta-Kultur; und 4. die Pfingstbewegung war von Anfang an eine missionarische Bewegung.

Das Gesamtbild, das diese Studie vermittelt, ist das eines wahrhaft globalen Netzwerks, in dem Frauen und Männer über die Grenzen von Kulturen und Denominationen kooperierten, und in dem “Einheimische” auch die Missionare beeinflussten. In einem typischen Beispiel wird Alice Luce, eine der ersten AG-Missionarinnen in Mexiko, folgendermaßen eingeführt: „Luce war Engländerin und hatte als Missionarin der CMS die Geistestaufe durch die Mission Shorat Chuckerbuttys in Allahabad erhalten.“ Anderson zeigt, wie die frühen Pfingstmissionarinnen und -missionare sich einfach, schnell und ohne viel Geld, Ausbildung oder Vorbereitung über die ganze Welt verteilten und dabei zum Teil unvorstellbare Schwierigkeiten auf sich nahmen.

Anderson betont, dass „die Informationen über westliche Missionare … in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Rolle“ stehen. Immer wieder weist er auf die tragende Rolle der oft ungenannten „einheimischen Arbeiter“ hin, deren Engagement viel mehr zur globalen Ausbreitung der Pfingstbewegung beigetragen habe, als die Missionsarchive erkennen ließen. Einige holt er aus der Anonymität, z.B. den Chinesen Mok Lai Chi, der schon 1909 begann, eine pentekostale Zeitung in chinesischer Sprache zu publizieren, oder den Südafrikaner Edward Lion (Motaung), der die Arbeit der Apostolic Faith Mission im heutigen Lesotho initiierte und leitete, oder Francisco Olazábal, der zu seiner Zeit dem größten Netzwerk pentekostaler Latinos in den USA vorstand. Doch trotz aller gegenteiliger Bemühungen bleibt Andersons Studie eine Geschichte der Bewegungen westlicher Missionare.

Die theologischen Analysen im dritten Teil des Buches sind von unterschiedlicher Qualität. Das Kapitel über die evangelistische Botschaft der frühen Missionare bietet eine gute Charakterisierung ihres ganzheitlichen Charakters – die körperliche Heilung von Krankheiten wurde stets als Teil der Botschaft verstanden –, und verortet diese Botschaft in ihrer starken (prämillenaristischen) eschatologischen Erwarung. Anderson zeigt, dass die meisten der frühen Pfingstler Pazifisten waren, die sich weigerten, im ersten Weltkrieg als Soldaten zu dienen.

In seiner Beschreibung der Einstellung der Missionare gegenüber ‘heidnischen’ Religionen und fremden Kulturen beschönigt Anderson nichts. Die meisten Pfingstmissionare sahen die Religionen und Kulturen in ihrer Umgebung schlicht als teuflisch und dämonisch an, und viele waren nicht immun gegenüber rassistischen und kolonialistischen Ideen. Leider bleibt dieses Kapitel bei der Beschreibung stehen. Es wäre lohnend gewesen, hier zu fragen, ob zwischen dem starken missionarischen Impuls – der ja viele zu großen Opfern befähigte! – und der Notwendigkeit, die Missionsumgebung in den schwärzesten Farben zu malen, eine inhaltliche Verbindung besteht.

Das letzte Kapitel bietet eine Fülle interessanter Informationen zum Selbstverständnis der Missionare, ihrer Ausbildung und der von „einheimischen Mitarbeitenden“, zur Rolle unverheirateter Frauen und schließlich zu Fragen von Organisation und Abspaltungen.

Dieses Buch liest sich nicht leicht, vor allem im mittleren Teil, aber es ist die Anstrengung wert. Ausführliche Indizes helfen, eine Schneise durch den Überreichtum an Detailinformationen zu schlagen. Es ist zu hoffen, dass nun andere Forscher die Geschichte der einheimischen Evangelisten schreiben.

Zuletzt verändert: 29.11.2010 22:04